Edle Tropfen von der Streuobstwiese

Martin Wagner hat die Sächsische Spirituosenmanufaktur gegründet und arbeitet mit regionalen Netzwerken. Fast alles kommt aus der Lausitz – von den Früchten, die er destilliert, bis zur Likör-Verpackung.

Von Martin Wagners Beruf haben die meisten Menschen zwei Vorstellungen. Schnapsbrenner, das sei doch bestimmt ein gemütlicher Job. Und ist man dabei nicht am Ende jedes Arbeitstages wenigstens ein bisschen betrunken? Nein und nochmals Nein. Martin Wagner arbeitet hart. Er ist für alles selbst verantwortlich, auch für die Ernte der Früchte, die er zu Likören und Bränden verarbeitet. Bei jedem Wind und Wetter ist er draußen, sammelt Beeren von Büschen, Nüsse aus dem Wald und Äpfel von Streuobstwiesen, je nachdem, was in der Region gerade reift. Vor und nach den Außeneinsätzen pendelt er zwischen seinem Büro in Schirgiswalde-Kirschau, wo er sich um das Marketing kümmert, und einer Brennerei in der Nähe, wo er seine Ernte zu Promille verarbeitet. Dort gibt es nicht mehr als ein paar Testschlucke. „Ein erfahrener Brenner muss gar nicht viel trinken“, sagt er. „Man kann schon am Geruch erkennen, ob ein Produkt gut geworden ist oder nicht.“

„Ich will gar nicht den breiten Markt erobern, sondern mit außergewöhnlichen Produkten herausstechen.“

Momentan arbeitet Wagner zehn, zwölf Stunden am Tag. Normal für einen Jung-Unternehmer, der sich in der heißen Phase befindet. 2015 hat er seine Sächsische Spirituosenmanufaktur gegründet. 20 Liköre und 14 Destillate sind aktuell im Sortiment. Gängige Sorten wie Himbeere und Aprikose sowie ein paar ganz eigene Raritäten, Eberesche und Grüne Walnuss zum Beispiel. Damit will Wagner es ins Angebot gehobener Gastronomen schaffen und Kunden für seinen Online-Shop gewinnen. Er hat Gourmets als Zielgruppe im Auge. „Ich will gar nicht den breiten Markt erobern, sondern mit außergewöhnlichen Produkten herausstechen.“ Der Gründer ist noch in der Anfangsphase, aber zählt schon jetzt so viele kleine Erfolge, dass er sicher ist: Seine Manufaktur wird einen Platz auf dem Markt finden.

Martin Wagner hat sich für eine Nische entschieden, bereits mit seiner Ausbildung zum Brauer und Mälzer bei Sternquell in Plauen. „Ich wollte etwas mit Bio und Chemie machen, dann fiel mir die Lebensmittelindustrie ein, so kam ich zu diesem Beruf.“ Er stammt aus Kirschau und hat in der hiesigen Brennerei nach der Lehre einen Job gefunden. Er wollte zurück in die Heimat. „Ich bin naturverbunden und lieber auf dem Land als in der Stadt.“ Doch er wusste, irgendwann will er etwas Eigenes aufbauen. Diesen Plan hat Wagner lange vorbereitet, zusätzlich Wirtschaftsingenieurwesen und Projektmanagement studiert, einen Businessplan geschrieben und alles durchdacht, vom Markenkern seiner Manufaktur bis zur Öffentlichkeitsarbeit.

Wichtig ist dem Gründer: Sein Unternehmen soll von der Region profitieren – und umgekehrt. Dass er die Lausitz und ihre Bewohner von klein auf kennt, hat für ihn viele Vorteile, hier kennt Martin Wagner seine Netzwerke. Er weiß, bei welchen Bauern er die besten Früchte bekommt. Von einem Bekannten hat er eine Streuobstwiese gepachtet, 1200 Bäume, um die er sich kümmert. Dorthin lädt er auch Studenten der Zittauer Hochschule, damit diese wiederum von seiner Arbeit lernen. Gerade plant er einen neuen Ananaslikör, eine Kreation, die er für den Park in Bad Muskau entwickelt. Auch diese Sorte wird wie alle seiner Produkte in edlen Holzkisten verpackt, die in einer Zittauer Behindertenwerkstatt hergestellt werden. Eigentlich findet Wagner alles, was er für seine Manufaktur braucht und benutzt, tatsächlich in der Nachbarschaft, „außer ein paar exotischen Gewürzen“.

In den nächsten fünf Jahren will er sich mit seiner Spirituosenmanufaktur einen Namen machen, so steht es in seinem Plan. Die ersten Schritte hat er bereits geschafft: Unlängst wurde er mit dem Lausitzer Existenzgründerpreis ausgezeichnet. Seine Produktion steigert Martin Wagner schon jetzt kontinuierlich. In seinem ersten Geschäftsjahr 2015 hat er insgesamt 1500 Liter Alkohol produziert, voriges Jahr waren es bereits 500 Liter mehr. Wie viel Arbeit darin steckt, auch das kann man sich ausrechnen: Wagner muss 100 Kilo Äpfel ernten und verarbeiten, um am Ende sieben Liter Apfelbrand zu destillieren. Noch arbeitet er allein, manchmal hilft ihm seine Freundin. Sein Pensum ist straff, aber von ihm hört man keine Klage. Jeder Stunde, die er arbeitet, sieht er als Investition in seine Zukunft.

sächsische-spirituosenmanufaktur.de

Text: Doreen Reinhard / Fotos: André Wirsig

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