Handwerk aus hauchdünnem Holz

Fanny Bracke ist eine Exotin in ihrem Beruf: Sie hat eine Manufaktur für Intarsienkunst gegründet und veredelt Holz auf ihre Weise, von Schatullen bis zum Tisch.

Ein Handwerker sollte auf Wanderschaft gehen, Wege entdecken, die zum Ziel führen. Fanny Bracke war über zehn Jahre unterwegs, hat viel probiert und gelernt, aber irgendwann festgestellt, dass ihre Bestimmung doch woanders liegt: An der Stelle, wo sie einst begonnen hat, in ihrem Geburtsort Reichenbach. „Es hat gedauert, bis ich mir das eingestanden habe, aber jetzt kann ich sagen: Ich bin ein heimatverbundener Mensch, hier fühle ich mich am wohlsten.“ Vor einigen Monaten ist sie in die Lausitz zurückgekehrt, mitsamt einem Beruf und einer Idee, die sie auf ihrer Wanderschaft gefunden hat. In Reichenbach hat die 31-Jährige eine Manufaktur für Intarsienkunst gegründet. Ihr Design-Atelier ist noch jung, widmet sich aber einem uralten Kunsthandwerk.

Fanny Bracke entschloss sich nach dem Abitur für ein Jahr nach Neuseeland zu gehen. Wieder zurück in Deutschland, begann sie ein Biologiestudium in Greifswald, merkte aber bald, dass sie lieber handwerklich arbeiten möchte. Sie recherchierte im Bereich der Restauratoren-Zunft. Das Ergebnis war eine Ausbildung zur Tischlerin in Pulsnitz und Berlin-Brandenburg mit anschließendem Design-Studium in Dessau. Ein Schwerpunkt ergab sich bald: Ihr gefiel vor allem die filigrane Arbeit mit Holz. Das behutsame Entblättern von dünnen Spanschichten, teilweise mit dem Skalpell. Das Zusammensetzen zu neuen Mustern und Strukturen, der kreative Umgang mit dem Material, kurz gesagt: die Intarsienkunst. „Man braucht viel Sorgfalt, Ruhe und Geduld dafür“, sagt sie. „Das sind auch die Eigenschaften, die mich auszeichnen.“

Ihr Pionierstück steht auf einem Regal in ihrem Reichenbacher Atelier: ein kleines Bild, in das Hobel, Winkel und Zirkel, die Insignien des Tischlerhandwerks, als Intarsien eingearbeitet sind, eine Erinnerung an ihre Anfänge. Inzwischen arbeitet Fanny Bracke in ganz anderen Dimensionen. Sie fertigt kleine Kunstwerke auf höchstem Niveau: Geldbörsen, Schmuck, Kisten und Schatullen, verziert mit verschiedensten Furnierhölzern wie Amaranth, Nussbaum, Ahorn oder Rosenholz. Und dann gibt es die großen Werke, Tische und Anrichten, selbst hergestellt oder aus alten Materialien recycelt, allesamt mit Intarsien veredelt.

„Ich möchte in diesem Bereich eine Nische besetzen.“

Ihr Atelier in Reichenbach hat Fanny Bracke inzwischen fertig eingerichtet, die nötigen Maschen sind angeschafft. Die Manufaktur ist komplett, das Nebengewerbe soll ihr Hauptberuf werden, für ihre Produkte will sie nun mehr und mehr Kunden finden. Ihre Zielgruppe: „Menschen, die das Besonders schätzen, Liebhaber von altem Kunsthandwerk.“ Sie hat lange über den Schritt in die Selbstständigkeit nachgedacht. Ein Praktikum bei einem der wenigen Intarsienschneidemeister Deutschlands hat ihr den entscheidenden Impuls gegeben. Dieser Weg ist gewagt, das weiß sie. Fanny Bracke ist mit diesem Beruf eine Exotin. Viele Tischlereien haben die Intarsienkunst aufgegeben, weil sie extrem aufwendig ist. Fanny Bracke ist überzeugt, dass dieses Alleinstellungsmerkmal auch eine Stärke ist. „Ich möchte in diesem Bereich eine Nische besetzen.“ Sie hat die ersten Märkte in der Region bestritten und ihr Sortiment vorgestellt, nach und nach will sie ihren Radius erweitern und sich über die Lausitz hinaus einen Ruf erarbeiten. Den Schritt zurück in die Heimat hat sie nicht bereut. „Ich bin ein familienverbundener Mensch. Dieser Rückhalt ist für mich sehr wichtig.“ Ihr Elternhaus ist nur ein paar Straßen von ihrem Atelier entfernt – sie schätzt diese kurzen Wege, auch das hat sie in der Ferne gelernt.

www.intarsienmanufaktur.de

Text: Doreen Reinhard / Fotos: André Wirsig

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