Unternehmensberaterin und Familienunternehmerin
Julia Bock ist Mutter von drei Kindern. Das Älteste wird bald neun, das Jüngste ist anderthalb Jahre alt. Eine große Familie hat sie sich schon immer gewünscht, und nun, wo sie eine hat, wird die 33-Jährige immer wieder gefragt: „Wie schaffen Sie das bloß, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen?“ Berechtigte Frage, allerdings muss Julia Bock diese viel häufiger beantworten als ihr Mann. Und dabei lautet eine Antwort: „Mein Mann und ich schaffen das nur zusammen, indem wir uns den Alltag teilen.“ Jeder Tag besteht aus unzähligen Organisationen und Absprachen, das beginnt schon früh am Morgen. Gemeinsames Frühstück, Taschen packen, dann bringt ihr Mann auf seinem Arbeitsweg den Ältesten und die Jüngste in Schule und Krippe, während Julia Bock mit der mittleren Tochter in den Kindergarten geht. Später am Nachmittag beginnt wieder die Familienzeit, aber die Stunden dazwischen gehören ihr – Arbeitszeit im Home-Office, die sie so effektiv wie möglich nutzt. In ihre beruflichen Aufgaben fließen auch jene Aspekte ein, die sie privat gut kennt.
Julia Bock ist Unternehmensberaterin. Sie unterstützt Firmen, die sich verbessern wollen, sowohl die eigenen Abläufe und die öffentliche Wahrnehmung als auch die Zusammenarbeit mit Mitarbeitern. „Und dazu gehören nun mal Männer und Frauen, auch Menschen, die Familien haben und entsprechende Strukturen benötigen, damit die Vereinbarkeit gelingt“, sagt Julia Bock. „Davon profitieren letztendlich nicht nur die Angestellten, sondern auch die Unternehmen selbst, denn die brauchen eine gute Mischung aus Fachkräften, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen. Und das sind nicht nur Alleinstehende.“ Sie ist überzeugt: Mitarbeiter, die sich im Unternehmen unterstützt und wertgeschätzt fühlen, engagieren sich mehr und wechseln seltener den Arbeitsplatz. „Mit jedem Mitarbeiter, der geht, geht auch Wissen und das ist heute bares Geld wert.“
Ein Teil ihrer Kundschaft kommt aus der Oberlausitz, so wie Julia Bock selbst. Sie ist überzeugte Bautzenerin und schätzt die Stadt auch als Familiensitz, weil die Infrastruktur gut ausgebaut und erreichbar sei – von Betreuungsplätzen bis zum Kinderarzt. An der Bautzener Berufsakademie hat sie Betriebswirtschaft studiert und nach dem Abschluss in der Personalabteilung eines städtischen Unternehmens gearbeitet. Schon damals wurde sie nebenbei Unternehmerin. 2007 kaufte sie eine Firma, spezialisiert auf Küchenbedarf, aus einer Insolvenz heraus und belebte den Handel neu. Während dieser Zeit wurde sie Mutter und erlebte selbst, welche Herausforderungen die neue Lebenssituation mit sich bringt. „Unser zweites Kind war ein Schreikind und hat viel Aufmerksamkeit gebraucht.“ Sie verkaufte die Firma 2012. Ihren Job in der Personalabteilung hatte sie schon vorher gekündigt und konzentrierte sich fortan auf ihre Selbstständigkeit als Unternehmensberaterin. Das war ein Modell, das sie nicht nur als passend für sich empfand, sondern an dem sie auch die Flexibilität schätzt, ihre Prioritäten selbst zu ordnen. „Klar ist, dass alle anfallenden Aufgaben erledigt werden müssen, privat und beruflich, aber ich kann selbst entscheiden, ob ich mich abends noch mal an den Schreibtisch setze, weil ein Termin vorbereitet werden muss.“
Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt es nicht von der Stange, für diese Aufgabe braucht jede Firma maßgeschneiderte Lösungen
Zur Beratung ihrer Kunden gehört diese Regel ebenfalls: Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt es nicht von der Stange, für diese Aufgabe braucht jede Firma maßgeschneiderte Lösungen. „Das fängt bei flexiblen Arbeitszeiten und Beschäftigungsmodellen für Angestellte an“, sagt Julia Bock. „Und hört bei der Kinderbetreuung auf. Man braucht nicht gleich einen Betriebskindergarten, aber wenn man sich vom Gemeindekindergarten zwei, drei Betreuungsplätze zusichern lässt, ist das schon mal ein guter Schritt.“ Neben der Betreuung ihrer Kunden, die sie meist über Empfehlungen gewinnt, hält Julia Bock unter anderem Vorlesungen an der Bautzener Berufsakademie und der Sächsischen Wirtschaftsakademie zu verschiedenen Themen ihrer Branche. Viele freie Lücken gibt es in ihrem Kalender nicht, aber Julia Bock hat Routine, diese Logistik zu jonglieren – und terminliche Klippen schon weit im Voraus im Blick. Die nächste ist ein Nachmittag nächste Woche, sie hat berufliche Termine, ihr Mann ebenfalls, sie müssen also Kinderbetreuung organisieren. „Kein Problem“, sagt Julia Bock, „alles eine Frage der Organisation.“
Text: Doreen Reinhard / Fotos: André Wirsig